1,5 Jahre Hormonfrei

Die meisten menstruierenden Personen kennen sie: diese paar Tage im Monat, an denen man sich einfach kacke fühlt. Alles tut weh, Bauchkrämpfe, Rückenschmerzen, schlechte Stimmung, Müdigkeit, Erschöpfung, Kreislaufprobleme, Schwindel, Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, taube Beine,… Alles Symptome, die einen einmal im Monat heimsuchen (können). Natürlich gibt es noch viel mehr, das sind lediglich die Symptome, die ich in meiner nun schon fast 10 jährigen Menstruationsgeschichte mal mehr oder weniger hatte.

Lange Zeit stand ich mit meiner Periode ehrlich gesagt auf Kriegsfuß. Um ehrlich zu sein, bin ich eigentlich erst seit einem knappen Jahr soweit, dass ich sie akzeptiere und annehme. Sie gehört nunmal zu mir. Zu Beginn hatte ich sehr, sehr heftige Perioden, die mir das Leben manchmal wirklich sehr schwer gemacht haben.

Anfangs habe ich meine Periode immer als Feind gesehen. Als Feind, wegen dem ich Schmerzen habe. Der mir regelmäßig einige Tage im Monat kaputt macht, mich krank fühlen lässt, Verabredungen absagen lässt. Da meine Lebensqualität auch ziemlich eingeschränkt wurde, habe ich beschlossen, meine Menstruation zu unterdrücken. Insgesamt drei Pillen habe ich zwischen 2015 und 2020 ausprobiert. Die erste verursachte bei mir Anfänge einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Nach dem Absetzen gingen meine anfänglichen Probleme wieder los, weswegen ich danach zwei Minipillen probiere, die die Blutungen komplett verhinderten. Zunächst war es ein sehr befreiendes Gefühl. Aber dann kamen ziemlich schnell auch hier die Nebenwirkungen, die mich noch im Nachhinein erschrecken. Besonders in psychischer Hinsicht hat es mich ziemlich umgehauen. Einige ältere Beiträge bis Anfang 2021 spiegeln die Auswirkungen ziemlich gut wider.

Deswegen habe ich mich im Januar 2021 dazu entschlossen, der Pille endgültig den Rücken zu kehren. Ich muss zugeben: ich hatte Angst vor meiner ersten Blutung. Ziemlich sogar. Schließlich wusste ich noch zu gut, was mich erwartet. Als es dann auch so weit war, nach fast 1,5 Jahren komplett ohne Blutung, musste ich tatsächlich auch weinen. Weil mir klar wurde, dass ich bei dem Versuch, meine Periode zu unterdrücken, gescheitert bin. Oder, weil ich rechtzeitig erkannt habe, dass mir die künstlichen Hormone absolut nicht gut tun?

Ich musste mich damit arrangieren, denn für mich ist klar: definitiv nie wieder Hormone. Auch wenn es mehr als diese drei Pillen auf dem Markt gibt, so hat sich das Thema für mich erledigt. Zu groß und gewaltig sind meine Nebenwirkungen, die ich durch sie hatte (ich kenne aber auch viele Frauen, die seit Jahren keine Probleme mit ihren Pillen haben). Also musste ich meine Periode irgendwie annhemen.

Mittlerweile habe ich ein ganz neues Körpergefühl entwickelt. Ich kann nicht explizit beschreiben, was genau dazu geführt hat. Aber ich denke, dass auch mein verbesserter Selbstwert und die Wertschätzung, die ich durch meinen Freund erfahre, dazu beigetragen haben. Auch die Nutzung von Menstruationstasse und Periodenunterwäsche während der Blutung haben mit Sicherheit dazu beigetragen, dass ich mich meiner Blutung irgendwie „näher“ fühle. Aber vor allem wohl das regelmäßige Messen meiner Basaltemperatur. Eine super Möglichkeit, seinen Körper und seinen Zyklus besser kennenzulernen. Seit Dezember messe ich nun und ich bin wirklich fasziniert, was der weibliche Körper alles drauf hat.

Und genau das ist der Grund, warum ich meine Monatsblutung mittlerweile nicht mehr als Feind, sondern als großen und auch wichtigen Teil von mir sehe, auf den ich stolz bin (jedenfalls meistens). Diese Blutungen zeigen mir eigentlich an, dass es meinem Körper so gut geht, dass er theoretisch in der Lage wäre, einen kleinen Menschen in sich heranwachsen zu lassen. Diese Vorstellung finde ich gewaltig. Ich bin dankbar für meinen Körper, für meine Blutung. Ich bin dankbar, dass ich meinen Körper ohne künstliche Hormone endlich so fühlen kann, wie er ist. Ich finde es Wahnsinn, was der weibliche Körper in einem Monat so alles macht. Eine komplette Bruthöhle aufbauen, sich auf einen Bewohner einstellen, ihn theoretisch aufnehmen, ernähren und wachsen lassen. Wenn niemand einzieht, dann saniert sich das gesamte Organ einfach. Es stößt die alten Wände ab und baut sich dann einfach wieder von vorne neu auf. Und das von ganz allein.

Jeder Körper ist ein Wunder. Aber leider ist der weibliche Zyklus noch immer ein großes Tabu. Die Menstruation ein Zustand, vor dem sich einige ekeln. Dem sie aus dem Weg gehen. Aber wenn wir ehrlich sind: ohne die Menstruation würde es uns alle nicht geben. Sie ist so natürlich wie atmen. Unser Körper schafft Unglaubliches. Wieso sollten wir dann nicht auch darauf stolz sein?

Natürlich ist es deutlich leichter, auf etwas stolz zu sein, was einem gefühlt nicht jeden Monat den halben Unterleib zerreißt. Seit den Pillen habe ich tatsächlich weniger Schmerzen. Ich habe noch Schmerzen, aber sie lassen sich mittlerweile absolut aushalten. Und der Gedanke daran, was mein Körper da in diesem Moment leistet, wenn ich blute, lässt mich irgendwie entspannter und dankbarer werden und diese Tage bewusster und leichter durchstehen.