Fortschritte

Einer der Gründe, warum ich mich für das Studium des Lehramts an Grundschulen entschieden habe, war, dass die Kinder zwischen der ersten und der vierten Klasse sehr große Sprünge und Fortschritte machen. Damals schrieb ich in mein Studieneinstiegsportfolio zu Beginn meines Studiums auf die Frage, warum ich ausgerechnet in die Grundschule möchte: „Die Grundschule deckt einen großen Entwicklungsbereich in der Kindheit ab. Die Kinder kommen aus dem Kindergarten, einige können am Anfang der ersten Klasse ihren Namen schon schreiben. Sie lernen lesen, schreiben und rechnen. In der vierten Klasse schreiben die Kinder ganze Aufsätze und gehen in die weiterführende Schule über. Diese Entwicklung, zum Beispiel vom Schreibenlernen bis hin zum Aufsätze schreiben, zu beobachten und auch zu beeinflussen und zu dieser zu verhelfen, stelle ich mir sehr spannend vor“.

Ich muss sagen, ich habe diese Entwicklung ziemlich unterschätzt. Nie hätte ich gedacht, dass bei einigen, besonders bei den lernschwächeren Kindern, in sehr kurzer Zeit riesige Fortschritte auszumachen sind. Ein Mädchen aus meiner Praktikumsklasse konnte zu Beginn meines Praktikums Mitte März kein Wort lesen. Sie sah den ersten Buchstaben und riet einfach ein Wort, was mit demselben Buchstaben anfängt (Bsp.: Kerze; sie liest: „K… Känguru?“). Mittlerweile (nach einmal gerade zwei Monaten) kann das Mädchen die Silben sehr gut lesen und teilweise auch ganze Wörter. Und das ohne Hilfe. Mit Unterstützung schafft sie kleine Sätze zu lesen. Dieser Fortschritt bei ihr beeindruckt mich wirklich sehr. Und gleichzeitig macht es mich stolz.

Aber nicht nur bei Erstklässlern ist dieser Sprung so gut zu beobachten. Auch mein Nachhilfekind, eine Zweitklässlerin, konnte im November zu Beginn unserer Nachhilfe kaum rechnen. Aufgaben wie 2+6 stellten sie vor eine sehr große Herausforderung, die sie nur mit Mühe und mit sehr viel Hilfe lösen konnte. Mittlerweile schafft sie schon so viel. Addition bis 20 sitzt richtig gut, auch die Subtraktion wird immer besser. Bei großen Zahlen über 20 braucht sie noch Hilfe, da gehen wir die einzelnen Schritte der Rechnung zusammen durch. Aber nach einigen Aufgaben schafft sie die Schritte dann auch selbstständig. Auch das macht mich wahnsinnig stolz.

Vielleicht spricht es auch für die Nachhilfe, aber ich finde, dieses Mädchen hat im letzten halben Jahr unglaubliches in Mathe geleistet. Zu Beginn habe ich noch daran geweifelt und gedacht, eigentlich müsste sie (dann zum 3. Mal) die erste Klasse wiederholen. Mittlerweile bin ich aber sehr optimistisch, dass wir den Anschluss schaffen können. Ist aber auch nur möglich, weil sie ein unfassbar ausdauerndes und fleißiges Mädchen ist. Ich habe meinen vollen Respekt, dass sie, obwohl sie anfangs (verständlicherweise) sehr frustriert war, dran bleibt und wirklich übt. Die 2er, 5er und 10er Reihe des kleinen Einmaleins, was sie gerade in der Schule lernen, kann sie schon sehr gut. Das zeugt auch davon, dass sie die Reihen und Aufgaben oft rechnet und lernt. Würde sie nur halb so viel üben und lernen, wäre sie jetzt mit Sicherheit noch nicht da, wo sie nun steht.

Diese Schritte, nach zwei, bzw. sieben Monaten zu sehen, ist wirklich beeindruckend. In meiner Praktikumsklasse gibt es viele Kinder, die sich allein in den zwei Monaten, die ich nun bei ihnen bin, sich unfassbar entwickeln. Es macht so viel Spaß, die Erfolge der Kinder zu sehen und sich mit ihnen darüber zu freuen. Sich neue Ziele zu setzen und an ihnen zu arbeiten. Kinder sind der Wahnsinn, was sie für komplexe Sachverhalte in so kurzer Zeit lernen. Ich glaube, die wenigsten Erwachsenen würden so eine Ausdauer (besonders bei Rückschlägen) bei ähnlichem Umfang und gleicher Zeit aufweisen.