Erste Nachhilfestunde

Vor einiger Zeit habe ich bereits berichtet, dass ich mich dazu entschieden habe, finanziell benachteiligten Kindern ehrenamtliche Nachhilfe anzubieten. Gerade durch die Coronazeit konnten viele Kinder nur unter schweren Umständen lernen und es haben sich große Defizite gebildet. Viele Familien können sich jedoch keine teure Nachhilfe leisten, benötigen aber dennoch Unterstützung. Deswegen habe ich mich auch dazu entschieden, ebenfalls zu helfen. Aber ganz uneigennützig ist das ganze auch nicht. Da ich selbst im dritten Semester Grundschullehramt studiere, erhoffe ich mir natürlich auch für mich selbst, mir einige didaktische und pädagogische Fähigkeiten aneignen zu können. Also für mich eine absolute Win-Win-Situation.

Die Vermittlung der Nachhilfeschülerin lief reibungslos, vor zwei Wochen habe ich sie zusammen mit ihrer Betreuerin vom Jugendamt (die sie bei der Nachhilfe angemeldet hat) kennengelernt. Am Montag hatten wir nun auch unsere erste gemeinsame Stunde. Es hat mir großen Spaß gemacht, das Mädchen besucht eine 2. Klasse und ich hätte nicht erwartet, dass ich bereits in der ersten Stunde kurz an meine Grenzen stoßen sollte. Nicht, weil der Stoff so kompliziert war. Aber wie erklärt man jemandem (in kindgerechter Sprache, versteht sich) z.B. wie man die Nachbarzehner einer Zahl ermttelt? Für mich und die meisten anderen ist das vermutlich selbstverständlich. Und dann am besten noch auf fünf verschiedene Weisen, bis sie es wirklich versteht? Gar nicht so einfach. Aber am Ende haben wir es dann doch geschafft und zwei Methoden, die ich ihr erklärt habe, miteinander kombiniert. Als sie es dann tatsächlich verstanden hat, war ich für diesem Moment wahrscheinlich der stolzeste Mensch auf der Welt. Zum einen natürlich auf sie, zum anderen aber auch auf mich. Weil ich es geschafft habe, ihr es doch noch verständlich zu erklären.

Ebenfalls erfreut hat mich, dass meine Schülerin im Verlauf der Stunde immer offener und ehrlicher kommuniziert hat, wenn sie etwas nicht verstanden hat, bzw. entsprechend meine Nachfrage beantwortet hat. Es zeigt mir, dass ich ihr das Gefühl vermitteln konnte, dass es absolut okay ist, etwas nicht sofort oder auch erst nach dem fünften Mal zu verstehen. Dass die Nachhilfe genau dafür da ist. Fragen zu klären. Dinge auch hundert Mal zu erklären. Ich meine, wir haben alle mal klein angefangen und mir zumindest macht es irgendwie unfassbar Spaß, denn es stellt mich auch vor Herausforderungen.

Da ich vorher noch keine Nachhilfe gegeben habe, lerne ich noch dazu. Ich versuche, auch deswegen, möglichst transparent mit meiner Schülerin umzugehen. Das heißt, ich sage ihr auch, wenn ich selbst keine Ahnung von etwas habe, mich erstmal reinlesen muss oder selbst kurz überlegen muss, wie ich ihr am besten etwas erkläre. Ob das langfristig der richtige Weg ist, weiß ich nicht. Ind er ersten Stunde hat es sich gut angefühlt.

Ich möchte, dass sich meine Schülerin wohl fühlt und sich traut, nachzufragen oder Fehler zu machen. Dass es ein Miteinander auf Augenhöhe ist. Wir setzen uns gemeinsam mit ihren Aufgaben auseinander und lernen ja auch voneinander. Ich hoffe sehr, dass ich ihr dieses Gefühl vermitteln kann.

Im Fazit kann ich sagen, dass ich absolut positiv begeistert von unserer ersten Stunde bin (ich hoffe, das bleibt auch so 😀 ). Die Probleme, die ich mir in der Theorie schon überlegt habe und auch aus dem Studium geschlossen habe, sind zwar aufgetreten, sahen in der Praxis jedoch noch etwas anders aus als erwartet. Hierbei denke ich eben an das Erklären eines (für mich selbstverständlichen) Sachverhaltes kindgerecht auf fünf verschiedene Weisen. Es hat wirklich viel Spaß gemacht und ich freue mich jetzt schon auf unsere nächste Stunde.