Studentenpartys

Eigentlich war ich gerade am lernen für eine mündliche Prüfung in Pädagogik am Mittwoch. Plötzlich höre ich laute Musik und Stimmen draußen. Wieder eine Demo? Wäre jetzt nicht soo außergewöhnlich. Ich schau raus. Da stehen im Innenhof mehrere junge Menschen, laute Musik, manche haben Pizzastücke in der Hand. Lautes lachen, vermutlich fließt auch Alkohol. Es dauert eine halbe Sekunde, bis ich begreife, was ich da vor mir sehe. Eine Studentenparty. Tja, ich als Corona-Ersti kenne sowas ja gar nicht. Ich studiere seit fast einem Jahr und hatte viele Momente, in denen ich sehr traurig war, gar nicht wie ein richtiger Student zu sein. Bis jetzt war ich viermal in einem Hörsaal – natürlich nur, um jeweils Klausuren zu schreiben. Kontakte knüpfen stellte sich auch eher als riesen Aufgabe heraus. Partys gab es sowieso nicht.

Jetzt sehe ich da unten diese Menschen, wie gerne würde ich dazu gehören. Wäre ich jetzt auch auf einer Party, wenn ich eher angefangen hätte zu studieren und die Möglichkeit gehabt hätte, Menschen kennenzulernen? Klar, ich könnte da jetzt runter gehen. Einfach so. Zu diesen 30 fremden Menschen, die unter sich sind und ne Menge Spaß haben. Als Mensch mit ner Sozialphobie ist das jedoch nicht wirklich möglich (wobei ich stark davon ausgehe, dass es auch für sehr viele andere Menschen nicht leicht wäre, da einfach hinzugehen und sich dazuzustellen, vor allem zu diesen Zeiten). Bereits gestern habe ich im Park einige Grüppchen von jungen Leuten gesehen. Schon da habe ich mir gewünscht, auch ein Teil einer kleinen Gruppe sein zu können. Auch jemanden zu kennen. Aber heute ist es irgenwie noch schlimmer.

Statt runterzugehen, sitze ich jetzt hier, bin am weinen und jeder Ton, den ich von unten höre, lässt mehr Tränen und irgendwie auch Wut in mir aufsteigen. Ich will hier weg. Ich will das nicht hören. Ich glaub das lernen wars dann für heute. Ob ich jemals auch so eine Studentenparty erleben werde? Ob ich jemals vielleicht sowas wie Freunde an der Uni finden werde? Ob ich jemals überhaupt mit jedemandem richtig Kontakt knüpfen werde, dass man mal etwas zusammen unternimmt? Tja, wenn das so weiter geht, wie es gerade aussieht, wird es vermutlich schwer.

Eigentlich ist es schade, die letzten Wochen habe ich mich mit der Situation abgefunden, heute Abend bricht diese Wut und irgendwie auch Hilflosigkeit über mich hinein. Wie gerne hätte ich das auch erlebt. Das Fenster schließen bringt nicht viel. Vielleicht werde ich mir mit Kopfhörern ins Ohr selbst laut Musik anmachen, dass ich die Schreie und Rufe von unten nicht hören muss. Und mich selbst nicht in diesem Selbstmitleid ertränken. Vielleicht werde ich ja auch irgendwann die Möglichkeit haben, mal mit Kommilitonen so etwas zu tun. Vielleicht. So und nun reicht es mit dem Rumgejammer, jeder musste viel einstecken in den vergangenen 17 Monaten und wird vermutlich noch weiterhin einstecken. Aber wir schaffen das. Und wer weiß, vielleicht kriegen wir ja irgendwann unser altes Leben wieder zurück. Oder können zumindest positiv in ein neues starten.