Weinen

Das Jahr hat 52 Wochen. Bei den allerwenigsten Menschen sind alle 52 Wochen gute Wochen. Die allermeisten Menschen haben mal bessre und mal schlechtere Wochen. Bis jetzt waren meine Wochen in 2022 eigentlich größtenteils gut. Gerade befinde ich mich in der Klausurenphase, habe privat noch plötzlich 1,2 Problemchen bekommen und sehne ich mich sehr nach der Heimat. Ich vermisse meine Familie, meinen Freund. Vielleicht ist diese Woche eine von denen, die eben nicht gut ist.

Aber das ist okay. Es gibt schönere Wochen und weniger schönere Wochen. Aktuell und besonders heute bin ich (vielleicht auch zusätzlich durch die Hormone unterstützt) sehr viel am Weinen. Hauptsächlich, weil ich meine Liebsten vermisse. Umarmungen. Gespräche. Einfach Zeit mit ihnen zu verbringen. Ein Telefonat kann dies zwar kurzzeitig etwas lindern, aber kommt doch bei weitem nicht an ein persönliches Gespräch heran.

Heute Abend habe ich mit meiner Familie videotelefoniert, weil meine Cousine heute Geburtstag hat. Ich habe meine Familie sehr viel lachen gehört, alle waren so gut drauf. So wie ich sie kenne. Es war laut und wurde viel gelacht. Schon währenddessen und besonders nach dem Auflegen, ist mir die Stille bei mir aufgefallen. Hier, einige hundert Kilometer entfernt, feiert niemand Geburtstag. Niemand lacht. Niemand redet. Denn es ist auch niemand hier. Das hat mein Heimweh doch noch stärker vermehrt. Und dann kam wieder das Weinen. Und diesmal hörte es irgendwie nicht auf.

Der Versuch, meine Gedanken in Worte zu fassen, hat zwar ein wenig geholfen, sie besser zu ordnen. Ich bin ein Mensch, bei dem sich alles anstaut, wenn er nicht darüber redet. Und irgendwann brechen die Dämme. Diese Gedanken in Worte zu fassen, tat sogar recht gut. Aber eben auch nur bis zu einem gewissen Grad, denn eine wirkliche Antwort, bzw. ein echtes Gespräch, wie ich es eigentlich geführt hätte, kann man so natürlich nicht erreichen.

Mir ist dann eingefallen, was mir immer recht gut tut, wenn ich sehr viel weinen muss. Übrigens kann weinen auch sehr befreiend sein. Vermutlich ist es auch viel besser als alles einfach immer nur hinunterzuschlucken. Das staut sich dann irgendwann an und früher oder später kommt es sowieso raus. Ist dann nur die Frage, in welcher Menge.

Ich finde es total angenehm, beim Weinen unter die Dusche zu gehen. Duschen ist für mich entspannen, gleichzeitig rinnt Wasser deinen Körper hinunter und deine Tränen fühlen sich viel angepasster an. Man kann zwischen Tränen und Wasser nicht mehr unterscheiden. Da das Wasser auch oft ein wenig Geräusche macht, hört es auch niemand (so lange man nicht zu laut schluchzt). Nach dem ausgiebigen Duschen und Weinen sind meine Augen dann so trocken, dass definitiv danach keine Träne mehr kommt (zumindest die nächsten paar Stunden). Auch die typischen Kopfschmerzen, die ich immer nach jedem Weinen bekomme, bleiben bei mir nach dem Duschen aus. Und ein besonders großer Vorteil für alle, die nach dem Weinen für mindestens eine halbe Stunde lang fleckig sind: auch das bleibt aus, weil dein Gesicht durch die Wärme und das Wasser gleichmäßig erhitzt ist.

Gerade abends vor dem Schlafengehen finde ich es sehr hilfreich. Statt lange wach zu liegen, weil die Gedanken nicht leise sein können; kann man unter der Dusche einmal alle Emotionen heraus lassen. Wenn das Wasser ausgestellt wird, verschwinden all diese Gedanken, Emotionen und Tränen im Abfluss. Zumindest gefühlt. Befreit von diesen kann man dann gut einschlafen (denn oft macht das warme Wasser auch recht müde praktischerweise). Und wenn man dann beim Einschlafen den Regen auf das Dach prasseln hört, ist es sogar ein sehr schönes Einschlafen.

Ich wünsche eine gute Nacht 🌙