Warum ich mittlerweile mit meinem Abischnitt zufrieden bin

Lange stand ich mit Noten auf Kriegsfuß. Während meiner gesamten Schulzeit haben sie mich sehr unter Druck gesetzt und Blockaden ausgelöst, durch die ich mir in meinen Augen Jahr für Jahr mein Zeugnis versaute. Die gesamte Schulzeit über zogen meine mündlichen Noten meine Gesamtnote runter. Wie oft hatte ich eine 1 in den Klausuren, nur um am Ende wieder bei einer 3 auf dem Zeugnis zu landen? Ich habe mich immer dumm, minderwertig gefühlt. Mich sehr unter Druck gesetzt und in Kombination mit anderen Faktoren so noch größere Blockaden geschaffen.

Dieser Notendruck an mich selbst zog sich bis zum Abitur. Ich habe einen guten 2er Schnitt, mit dem ich mittlerweile vielleicht sogar zufrieden bin. Als ich meine Prüfungsergebnisse und damit meinen Abischnitt gesehen habe, war ich sehr enttäuscht. Meine Vornoten (also die mündlichen Noten) haben mir damals ziemlich meinen Schnitt runtergezogen. Und obwohl mir das klar war und ich in den Prüfungen kaum bessere Ergebnisse hätte erzielen können, war ich sehr sehr enttäuscht von mir. Ja, fast schon beschämt. Und das, obwohl ich eigentlich etwas tolles erreicht habe und da auch sehr viel investiert habe.

Mir war klar, dass ich mit meinem Schnitt nicht automatisch einen Studienplatz für mein Wunschstudium Grundschullehramt bekomme. Daher habe ich mich bei sehr vielen Universitäten beworben und habe letztendlich drei Zusagen bekommen. Besonders als die Absage von meiner Wunschuni kam, war ich sehr geknickt.

Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass alles gut gelaufen ist, wie es ist. An meiner Wunschuni (und an den meisten anderen Unis auch) hätte ich nur Deutsch und Sachunterricht studiert. An meiner jetzigen Uni studiere ich Deutsch, Mathe und Sachunterricht. Ich wäre wohl nie auf die Idee gekommen, Mathe zu studieren, wenn es keine Pflicht gewesen wäre, obwohl ich nie wirklich schlecht war in Mathe.

Ich bin froh, dass mir mein „schlechterer“ Abischnitt einige Chancen genommen, aber auch viele andere gegeben hat. Durch das Mathestudium habe ich erst gemerkt, wie spannend das alles eigentlich ist. Ich würde mich vielleicht sogar soweit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass mir die Mathevorlesungen (zumindest die didaktischen) noch vor Deutsch, Sachunterricht und Pädagogik am meisten Spaß am Studium machen. Das hätte ich nie erwartet, aber es ist tatsächlich ein sehr spannendes Fach mit sehr viel Potenzial.

Viele Menschen sind dem Fach Mathematik eher abgeneigt, teilweise haben sie sogar Angst vor dem Fach. Es ist wichtig, dass bereits in der Grundschule entsprechende Impulse gesetzt werden, die die Entwicklung einer solchen Angst und Blockade entgegenwirken. Durch kompetenten Unterricht lassen sich die Zugänge zur Mathematik für die Kinder erleichtern.

Es ist wahnsinnig spannend, wie sich bei Kindern ein Zahlenverständnis entwickelt. Und ich merke tatsächlich erst seit dem Studium, was es eigentlich für coole strategische Werkzeuge bei den Grundrechenarten gibt, die einem das Lösen der Aufgaben so sehr erleichtern.

Also: auch wenn ich es 2020 direkt nach meinem Abitur nicht für möglich gehalten habe, ich bin glücklich darüber, „nur“ einen 2,2er Schnitt geschafft zu haben. Vielleicht hätte ich einen besseren geschafft. Aber dann würde ich mit Sicherheit nun nicht an dieser Uni studieren, hätte gerade mit Sicherheit auch kein Praxissemester und würde schon gar nicht Mathe studieren. Manche Dinge im Leben haben irgendwo schon ihren Sinn. Natürlich nicht alle, aber bei vielen Dingen, die im ersten Moment nicht so positiv erscheinen, entwickelt sich daraus etwas großartiges und neue Möglichkeiten. Manchmal braucht es eben nur ein wenig Zeit, das auch zu erkennen.