Doch ein Trauma?

In einem Beitrag vor knapp 2,5 Jahren habe ich auch hier mal durchblicken lassen, dass es eine Zeit gab, in der ich längere Zeit krank war. Diese Zeit hat sehr viel für mich damals verändert. Freunde haben sich abgewendet, ich habe ein Jahr vor dem Abitur die Schule wechseln und das Jahr wiederholen müssen. Aber das Schlimmste aus dieser Zeit war glaube ich, dass ich mich selbst verloren habe. Das schlimmste Gefühl für mich bis heute war, nicht zu wissen, ob du deinem eigenen Körper trauen kannst. Monatelang musst du dir anhören, dass da nichts sein kann, dass ich keine Schmerzen haben kann. Damals dachte ich, sie wären da. Heute weiß ich es nicht mehr. Zu viele haben ungefragt ihre Meinung über mein Schmerzempfinden mit mir geteilt. Zu viele, sodass sie es letztendlich geschafft haben, dass ich mir selbst nicht mehr geglaubt habe und in tiefen Selbsthass verfallen bin.

All das ist mittlerweile einige Jahre her. Die Geschichte liegt nun knapp fünf Jahre hinter mir, in der Zwischenzeit ist sehr viel passiert. Und doch hielten die (psychischen) Folgen lange an. Erst seit knapp 1,5 Jahren kann ich sagen, dass ich den Selbsthass und all das, was dadurch ausgelöst wurde, hinter mir lassen konnte. Endlich uneingeschränkt glücklich. Endlich zufrieden. Endlich ein tolles Leben. All die Negativität und für mich düsteren Jahre hinter mir gelassen – oder?

Wie ich ebenfalls in dem oben verlinkten Beitrag verlauten ließ, hatte ich sehr mit Periodenbeschwerden zu tun. Nach dem Absetzen der Pille kamen sie auch wieder, sodass ich Mitte letzten Jahres endlich (?) die Überweisung meiner Frauenärztin an ein Endometriosezentrum erhielt. Ende März hatte ich meinen Termin zur Sprechstunde. In dieser konnte auf dem Ultraschall zwar keine eindeutige Endometriose ausfindig gemacht werden, aufgrund meiner Symptome rät die Ärztin allerdings zu einer diagnostischen Laparoskopie (einer Bauchspiegelung). Nach dem Telefonat mit meiner Frauenärztin, bei dem sie mir ebenfalls dazu riet, habe ich mich nun dafür entschieden diese durchführen zu lassen. Der Termin steht Anfang August (und somit fast 1 Jahr nachdem ich meine Überweisung erhalten habe).

Eigentlich sollte ich mich freuen, denn ich warte schon lange darauf, dass mir mit meinen Schmerzen geholfen wird. Aber ständig wird etwas neues aufgerissen. Etwas, von dem ich dachte, dass es längst verheilt wäre…

Vor der ersten Untersuchung in der Klinik ging es mir überhaupt nicht gut. Ich hatte große Angst, dass ich mit meinen Schmerzen nicht ernst genommen werde und ich wieder wie 2018 da stehe. Nach vielen Tränen und schlaflosen Nächten habe ich den Termin jedoch hinter mich gebracht und meine Ängste stellten sich als unbegründet heraus. Die Ärztin nahm mich sehr ernst. Oder zumindest gab sie mir das Gefühl. Auch, dass sie eine Operation zur Abklärung für sinnvoll erachtet, sollte eigentlich ein Zeichen für mich sein, dass sie mich nicht als Simulantin ansieht.

Und doch kommt die Angst immer wieder hoch.

Was, wenn bei der Operation nichts gefunden wird? Was wenn sie mir dann nicht mehr glauben, dass ich Schmerzen habe? Was, wenn ich mir das selbst nicht mehr glaube? Tue ich das überhaupt noch? Glaube ich mir selbst, dass ich Schmerzen habe? Existieren diese Schmerzen oder spiel ich mir und meinem Umfeld nur etwas vor? Wie krank muss man sein, um sich so etwas auszudenken. Wie aufmerksamkeitsgeil? …

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt in meinen Kopf. In meine Gedanken, die kommen, sobald ich daran denken muss. Glücklicherweise habe ich meinen Freund, der es jeden Monat miterlebt und mich (meist) vom Gegenteil überzeugen kann. Zumindest für den Moment.

Zu meinen Ängsten kommt aber nun noch dazu, dass die Ärztin aus dem Krankenhaus meinte, der Eingriff sei (vorerst) stationär geplant. Allein beim Gedanken daran, wieder auch nur eine Nacht in einem Krankenhaus verbringen zu müssen, macht mir Panik. Auf der anderen Seite hatte ich auch diese Panik beim Gedanken daran, überhaupt ein Krankenhaus (als Patientin) betreten zu müssen und bei meinem ersten Termin hat es sich als gar nicht so schlimm herausgestellt.

Und doch kriege ich Schweißausbrüche und mir wird unglaublich übel, wenn ich daran denke, dass ich diesen Menschen dort nicht nur für ein paar Stunden (in Vollnarkose) schutzlos ausgeliefert bin. Auch die Gedanken daran, nochmal wie 2018 alles zu durchlaufen. Einleitung von Vollnarkosen, Aufwachen, Übernachten im Krankenhaus. Der absolute Horror. Da kommen die Bilder von damals wieder hoch. Mir schießen die Tränen in die Augen und ich fange an zu zittern. Ziemlich dämlich, wenn man bedenkt, dass es um einen harmlosen Krankenhausaufenthalt geht.

Weniger dämlich, wenn ich daran denke, weswegen ich so überreagiere.

Vielleicht wäre ein Therapie doch sinnvoll, um das alles aufzuarbeiten. Aber mein Stolz und auch meine Scham sind irgendwie zu groß. Zudem habe ich das Gefühl, dass ich den Zeitpunkt dafür verpasst habe. Jetzt ist vieles gut verdrängt und ich habe Angst, was es auslöst, wenn das alles wieder hochgeholt wird. Über einige Dinge konnte ich bis heute mit niemandem sprechen. Ich will diese Dinge nicht wieder hervorholen und dem wieder ausgeliefert sein.

Irgendwie stellt sich da die Frage, ob ich doch ein Trauma aus dieser Zeit mitgenommen habe. Was eigentlich lächerlich wäre. Auf der anderen Seite ist die Psyche einer 17-jährigen (vor allem vor dem Hintergrund) sensibel und anfällig. Und dennoch. Ich fühle mich aktuell nicht bereit dazu, darüber mit jemandem zu sprechen – und das, obwohl sprechen für mich eigentlich immer super ist, um Sorgen und Probleme zu verringern.

Deshalb habe ich auch versucht, hier einfach mal wieder meine Gedanken frei rauszulassen. Vor einiger Zeit, während Corona habe ich dies öfter getan, als es mir nicht gut ging. Und es hat auch irgendwie geholfen. Vielleicht hilft es diesmal ja wieder?

Meine Hoffnung ist auch, dass der Eingriff und der Aufenthalt dort genauso positiv wie die erste Untersuchung sein wird, sodass ich die negativ Erlebnisse nach und nach mit positiven (oder zumindest neutralen) Erlebnissen überschreiben kann.